Telemedizin im Pflegeheim

Telemedizin im Pflegeheim

Wie kann Telemedizin Menschen mit schweren Erkrankungen oder hohem Pflegebedarf, die in Pflegeheimen leben, unterstützen?

Bewohner:innen von Pflegeeinrichtungen haben in der Regel einen hohen Pflegebedarf, eine eingeschränkte Mobilität, wenig Zugang zu digitaler Infrastruktur und eine geringe Digitalkompetenz. In der Regel weisen sie ein geriatrisches Krankheitsprofil auf.

Wird für die Pflegeheimbewohner:in eine dringende medizinische Versorgung (oder auch nur Einschätzung) notwendig, ruft die Pflegekraft typischerweise den Rettungsdienst bzw. die Notärztin oder den Notarzt. Diese Notfallversorgung ist ggf. mit einem belastenden Umgebungswechsel für die Heimbewohner:in, mit erheblichem administrativem Aufwand für das Personal und letztlich auch mit Kosten für das Gesundheits- und Sozialsystem verbunden, die zum Teil vermeidbar wären.

Eine aktuelle Analyse zeigt, dass sich die jährlichen GKV-Ausgaben für Rettungsfahrten im Zeitraum von 2010 bis 2022 im Durchschnitt um 9,8 Prozent steigerten, während die gesamten GKV-Ausgaben im gleichen Zeitraum nur um 4,8% anstiegen.

Durch den Einsatz von Telemedizin lassen sich bei gleicher Versorgungsqualität die Verfügbarkeit medizinischer Expertise für die Pflegeheimbewohner:innen erhöhen und gleichzeitig die Ressourcen, z. B. des Rettungsdienstes und in den Notaufnahmen schonen.

Telemedizin im Pflegeheim

Ansätze zur telemedizinischen Versorgung von Bewohner:innen in Pflegeheimen gehen über die Videosprechstunde hinaus. Während die Videosprechstunde im Alltag zum Beispiel bei wenig komplexen Erkrankungen, zur Besprechung von Befunden und zur Nachkontrolle ein geeignetes Instrument ist, ist sie im Pflegeheim nur bedingt geeignet.

Durch die komplexen, häufig von Multimorbidität gekennzeichneten Krankheitsbilder ist eine reine Videosprechstunde zwischen Arzt/Ärztin und Patient:in ohne medizinische Daten häufig nicht zielführend.

Durch telemedizinische Versorgungsangebote, die über die Videosprechstunde hinaus die Beteiligung einer Pflegekraft und die Zunahme telemedizinischer Geräte umfassen, kann hingegen eine gute Datengrundlage für medizinische Entscheidungen geschaffen werden.

Telemedizinische Versorgungsangebote für Pflegeheime sehen daher zum Beispiel die Kombination aus Videosprechstunde mit dem/der betreuenden Allgemeinmediziner:in, einer Pflegekraft und die Nutzung telemedizinfähiger Messgeräte vor. Zu diesen Medizinprodukten gehören beispielsweise telemedizinische Stethoskope und Pulsoximeter sowie Blutdruckmessgeräte und mobile EKG-Systeme.

Das geschulte Pflegepersonal kann dann während der Videosprechstunde delegierte Maßnahmen durchführen, wie das Messen des Blutdrucks oder der Sauerstoffsättigung oder das Auskultieren von Herz und Lunge.

Auch die telemedizinische Visite ist inzwischen in Pflegeheimen angekommen. Dabei werden von ärztlicher Seite an die beteiligte Pflegekraft in einer Videokommunikation klar definierte Leistungen delegiert. So sind zum Beispiel das Entfernen von Fäden oder Klammern bei einer Wunde, Blutentnahmen oder Schutzimpfungen durch geschulte Pflegekräfte telemedizinisch unterstützt möglich.

Mittels Sensoren können auch länger temporär oder dauerhaft Vitalparameter wie Blutdruck, Puls und Blutzuckerspiegel erfasst und damit die Werte dauerhaft überwacht werden. Durch Übertragung der medizinischen Messdaten wird es medizinischem Personal möglich, frühzeitig auf gesundheitliche Probleme zu reagieren.

Forschungsprojekte

Das Projekt Optimal@NRW erforscht, inwiefern durch Einrichtung eine Telekonsultation über einen virtuellen Tresen die Vermeidung inadäquater Krankenhauseinweisungen geriatrischer Patienten in stationärer und ambulanter Pflege vermieden werden kann. Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt AIDA zeigen eine hohe Akzeptanz für telemedizinische Lösungen bei Bewohnern und Bewohnerinnen von Pflegeeinrichtungen, pflegerischen Fachpersonal und Ärzten und Ärztinnen.

Umsetzung in Versorgungsverträgen

Entsprechende Projekte sind nach einer erfolgreichen Evaluierung nun in von Versorgungsverträgen abgebildet. Beispiele dafür sind der Vertrag nach § 140 a SGB V der AOK für Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern oder der § 140 a SGB V Vertrag der TK in Sachsen.

Fazit

Telemedizin kann im Pflegeheim in vielerlei Hinsicht eingesetzt werden, um die Versorgung der Bewohner:innen zu verbessern und die Arbeit der Pflegekräfte zu unterstützen. Auch wenn einige Projekte die Machbarkeit, die medizinische und pflegerischen Vorteile von Telemedizin im Pflegeheim zeigen, ist eine adäquate Finanzierung telemedizinischer Anwendungen in diesem Kontext erforderlich. Die Umsetzung im Rahmen von Selektivverträgen ist ein erster Schritt in diese Richtung.

Mehr zur Telemedizin Lesen?

Hier gehts weiter zum Angebot der telmedicon

Medizinprodukte in der Telemedizin

Hybride Versorgung: Die Zukunft?

Nach oben scrollen