Top 15 Fragen zur Telemedizin – Teil 2

Telemedizin FAQ Teil 2

In den letzten Wochen habe ich häufige Fragen rund um die Telemedizin gesammelt. Dabei handelt es sich sowohl um Fragen, die von den patientenseitigen Nutzer:innen gestellt werden, als auch um Fragen von Ärzten und Ärztinnen oder Unternehmen. In diesem Beitrag “Telemedizin FAQ Teil 2” gibt es die Antworten auf die Fragen 8-15! 

Die Top 15 Fragen

  1. Was ist Telemedizin?
  2. Wie funktioniert Telemedizin?
  3. Welche Vorteile hat die Telemedizin?
  4. Welche Arten von medizinischen Leistungen können über Telemedizin erbracht werden?
  5. Ist Telemedizin genauso effektiv wie der persönliche Besuch in der Praxis?
  6. Wie sicher ist Telemedizin in Bezug auf den Schutz meiner persönlichen Daten?
  7. Wie wird Telemedizin vergütet?
  8. Wer sind die Anbieter von Telemedizin?
  9. Wann ist Telemedizin nicht geeignet?
  10. Was zeichnet ein erfolgreiches telemedizinisches Geschäftsmodell aus?
  11. Wie wird die Qualität der ärztlichen Versorgung in der Telemedizin sichergestellt?
  12. Gibt es Telemedizin für alle medizinischen Bereiche oder sind manche Bereiche besonders geeignet und andere weniger?
  13. Was sollte ich beachten, wenn ich telemedizinische Leistungen anbiete?
  14. Wird Telemedizin auch für Tiere eingesetzt?
  15. Wie sieht die Zukunft der medizinischen Versorgung mit Telemedizin aus?

Antworten

Die Antworten auf die Fragen 1 bis 7 findet ihr in diesem Beitrag.

8. Wer sind die Anbieter von Telemedizin?

Telemedizinische Leistungen können von Ärztinnen und Ärzten sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Praxen/MVZ oder Kliniken angeboten werden. 

Darüber hinaus gibt es Plattformen, die ein “Matchmaking” zwischen Leistungserbringern und Leistungsempfängern ermöglichen. Die Telemedizinplattformen sind selbst keine Leistungserbringer, sondern stellen die Infrastruktur für die telemedizinische Behandlung zur Verfügung und bringen Patienten und Ärzte zusammen.

Auch Krankenkassen bieten ihren Versicherten zunehmend telemedizinische Leistungen wie Online-Beratungen an, die dann ebenfalls von Ärztinnen und Ärzten, Psychotherapeut:innen erbracht werden. 

Darüber hinaus gibt es auf Telemedizintechnik spezialisierte Unternehmen, die Software-Lösungen oder Geräte entwickeln und vertreiben. Diese Telemedizinlösungen lassen sich in den unterschiedlichsten telemedizinischen Anwendungen und Leistungsangeboten einsetzen. 

9. Wann ist Telemedizin nicht geeignet?

Es gibt zahlreiche Krankheitsbilder und Erkrankungen, die nicht telemedizinisch diagnostiziert oder behandelt werden können, weil z. B. notwendige körperliche Untersuchungen und Behandlungen aus der Ferne nicht möglich sind. Aus diesem Grund werden z. B. von Telemedizinanbietern u. a. Fragebögen eingesetzt, die eine medizinische Notfallsituation ausschließen und eine Einschätzung der medizinischen Situation und des damit verbundenen Risikos ermöglichen. Ein Teil dieser Grenzen der Telemedizin kann durch hybride Angebote überwunden werden. Zum Beispiel, wenn neben den beschreibbaren und sichtbaren Symptomen weitere Werte wie Labordaten zu Hause erhoben werden. Allerdings sind auch dieser Diagnostik Grenzen gesetzt, da Patientinnen und Patienten nur bestimmte Parameter (wie Abstriche, Speichel- und Urinproben oder Kapillarblut aus der Fingerbeere) selbst erfassen können. 

Letztlich obliegt es der ärztlichen Beurteilung, ob eine telemedizinische Diagnostik und die Behandlung im Einzelfall möglich sind.

Neben den medizinischen Einschränkungen gibt es weitere Faktoren, die der Telemedizin Grenzen setzen. Möglicherweise ist die Internetverbindung nicht gut genug oder die Patientinnen und Patienten haben bestimmte motorische oder kognitive Einschränkungen, die eine sinnvolle Nutzung telemedizinischer Angebote ausschließen. 

Auch wenn die oben genannten Einschränkungen nicht vorliegen und ein Fall telemedizinisch behandelt werden kann, kann es organisatorische und ökonomische Grenzen geben. So kann die fehlende Abrechenbarkeit oder die Begrenzung telemedizinischer Leistungen (z.B. Videosprechstunde auf einen definierten Prozentsatz) dazu führen, dass telemedizinische Leistungen nicht angeboten werden.

10. Was zeichnet ein erfolgreiches telemedizinisches Geschäftsmodell aus?

Erfolgreiche telemedizinische Angebote zeichnen sich neben dem medizinischen Nutzen im Wesentlichen durch sechs Charakteristiken aus.

  1. Relevanz und medizinischer Nutzen: Das Geschäftsmodell erfüllt einen klaren Bedarf und ist relevant für den deutschen Gesundheitsmarkt. Es sollte einen Mehrwert bieten, indem es auf spezifische Herausforderungen oder Bedürfnisse des Gesundheitssystems, der Leistungserbringer oder der Patienten und Patientinnen eingeht.
  2. Gesundheitssystem: Das Geschäftsmodell muss die bestehenden rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen berücksichtigen.
  3. Technologie: Telemedizinische Geschäftsmodelle setzen technologische Lösungen ein, z. B. Apps, Plattformen oder Geräte, um eine reibungslose und sichere Interaktion zwischen Patienten und Patientinnen und den Leistungserbringern oder zwischen den Leistungserbringern zu ermöglichen.
  4. Qualifikation: Ein erfolgreiches telemedizinisches Geschäftsmodell setzt den Einsatz von qualifizierten medizinischen Fachkräften voraus.
  5. Nutzerfreundlichkeit: Die Nutzerfreundlichkeit wird in der gesamten Prozesskette berücksichtigt. Dabei werden sowohl die Anforderungen der medizinischen Fachkräfte als auch der Patientinnen und Patienten sinnvoll umgesetzt und ein geeignetes Support-Modell vorgehalten.
  6. Wirtschaftlichkeit: Ein erfolgreiches Geschäftsmodell zeigt ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Kosten für die Bereitstellung der telemedizinischen Leistungen und dem erzielten Nutzen. Ein Modell als Selbstzahlerleistung bietet sich an, wenn Patient und Patientin selbst den größtmöglichen Mehrwert haben und wahrnehmen. Diese Form eignet sich für den Einstieg in den Gesundheitsmarkt, wenn noch nicht genügend aussagekräftige Daten vorliegen, um eine Finanzierung durch die GKV zu rechtfertigen. Die Leistung muss neben der medizinischen Qualität einen Nutzen bieten, der über die typische Kassenleistung hinausgeht, z. B. ausführlichere Beratung, schnellere Terminverfügbarkeit. Der Preis sollte transparent und nachvollziehbar sein. Eine Finanzierung als Kassenleistung eignet sich für alle Leistungen mit evidenzbasiertem Wirksamkeitsnachweis.

11. Wie wird die Qualität der ärztlichen Versorgung in der Telemedizin sichergestellt?

Die Qualität der ärztlichen Versorgung in der Telemedizin kann durch eine Reihe von Maßnahmen sichergestellt werden.

Allen voran durch die Qualifikation der Ärztinnen und Ärzte: Ärzte, die telemedizinische Leistungen erbringen, müssen über die entsprechende Qualifikation, Erfahrung und Kompetenz verfügen.

Wenn vertragsärztliche Leistungserbringer z. B. Videosprechstunden anbieten möchten, müssen sie dies zunächst bei der jeweils zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung anzeigen.

Leistungserbringer, die ihre Leistung über Telemedizinplattformen anbieten, benötigen in der Regel, eine deutsche ärztliche Approbation, die Facharzturkunde, eine Vertragsarztzulassung mit Praxissitz in Deutschland, den Nachweis über die Meldung bei der zuständigen Landesärztekammer.

Für spezifische telemedizinische Leistungen sind zum Teil Zusatzqualifikationen erforderlich.

Auch Ärzte in der Telemedizin sind strikt an die Einhaltung des Facharztstandards bei der Patient:innenbehandlung und an die Dokumentationsvorgaben gebunden.

Die Entwicklung und Umsetzung von Leitlinien und Standards für die telemedizinische Praxis kann dazu beitragen, die Qualität der ärztlichen Versorgung zu gewährleisten. Einige Fachgesellschaften haben dezidierte Leitlinien für die telemedizinische Versorgung von herausgegeben.

Die Sicherheit telemedizinischer Angebote wird durch verschiedene Maßnahmen gewährleistet. Dazu gehören Maßnahmen zur Überprüfung der Identität der Patientinnen und Patienten vor einer Videosprechstunde, die Gewährleistung einer sicheren Datenübertragung und -speicherung, technische Lösungen zur Vermeidung von Medikationsfehlern und die Implementierung von Notfallprotokollen.

Ein etabliertes Qualitätsmanagementsystem kann durch interne Qualitätskontrollen und -managementverfahren die Qualität der ärztlichen Versorgung zu überwachen und zu verbessern. Regelmäßige Schulungen und Fortbildungen können dazu beitragen, dass eine definierte Versorgungsqualität erreicht wird.

12. Gibt es Telemedizin für alle medizinischen Bereiche oder sind manche Bereiche besonders geeignet und andere weniger?

Der Einsatz von Telemedizin eignet sich in den medizinischen Bereichen besonders,

  • in denen eine Blickdiagnostik ausreicht (z. B. Allgemeinmedizin, Dermatologie),
  • die von einem schnellen Austausch medizinischer Daten profitieren (z. B. Notfallmedizin, Intensivmedizin)
  • die im hohen Maß mit Mess- und Bilddaten arbeiten (z. B. Radiologie, Kardiologie, Dermatologie)

Typische telemedizinische Versorgungsangebote …

  • ermöglichen Menschen eine schnelle Diagnostik. Insbesondere in der Dermatologie gibt es zahlreiche niedrigschwellige Angebote Hautveränderungen und -auffälligkeiten schnell diagnostizieren und behandeln zu lassen.
  • adressieren Menschen mit chronischen Krankheiten: Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Herzinsuffizienz, Diabetes, Bluthochdruck oder Asthma können durch regelmäßige Fernüberwachung und virtuelle Arztbesuche ihren Gesundheitszustand besser kontrollieren und potenzielle Probleme können frühzeitig erkannt werden.
  • fokussieren sich auf die psychische Gesundheit: Telemedizin kann einen einfachen Zugang zu psychiatrischer Beratung und psychologischer Therapie bieten. Nicht überraschend zeigte auch der Versorgungsatlas-Bericht des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) zur „Telemedizin als alternativer Zugang zu vertragsärztlicher ambulanter Versorgung“, dass die seit 2020 erbrachten telemedizinischen Leistungen überwiegend dem psychotherapeutischen Versorgungsbereich zuzuordnen sind.
  • unterstützen eine Vernetzung der Leistungserbringer, zum Beispiel durch Telekonsil-Netzwerke, die die Fachexpertise aus Universitätskrankenhäusern in kleinere Häuser bringen.

13. Was sollte ich beachten, wenn ich telemedizinische Leistungen anbiete?

Es gibt eine Vielzahl von Vorgaben für Leistungserbringer, die berücksichtigt werden müssen. Es gibt zum Beispiel:

  • Medizinische Vorgaben: Ärztin/Arzt oder Psychotherapeut:in muss unter Berücksichtigung der individuellen Krankheits- und Lebensumstände der Patientin oder des Patienten entscheiden, ob eine telemedizinische Leistung, wie die Videosprechstunde, durchgeführt werden kann.
  • Organisatorische Vorgaben: Wird ein Patient im Rahmen eines Herzinsuffizienz-Telemonitoring-Programms betreut, gelten unter anderem bestimmte Anforderungen an die Reaktionszeiten. So muss der mitbehandelnde Arzt/die mitbehandelnde Ärztin auf bestimmte Informationen innerhalb von 48 Stunden nach Erhalt reagieren.
  • Technische Vorgaben: Für eine vertragsärztliche Videosprechstunde dürfen nur zertifizierte Videosprechstundensysteme genutzt werden. Die aktuelle Liste der Anbieter (Stand Juli 2023) findet ihr hier. Auch für Telekonsile gelten hohe Sicherheitsanforderungen. Deshalb dürfen nur sichere elektronische Informations- und Kommunikationstechnologien, wie z. B. KIM, eingesetzt werden.
  • Administrative Vorgaben: Für die Abrechnung der Leistung gilt die Vorgabe, dass nicht mehr als 30 Prozent aller Behandlungsfälle ausschließlich als Videosprechstunde abgerechnet werden dürfen. Je Arzt/Ärztin bzw. Psychotherapeut:in dürfen im Quartal auch nicht mehr als 30 Prozent aller abgerechneten GOP im Rahmen von Videosprechstunden abgerechnet worden sein.
  • Regulatorische Vorgaben: So schränkt §9 HWG die zulässige Information über telemedizinische Angebote ggf. stark ein.

Diese Liste ist nicht abschließend.

14. Wird Telemedizin auch für Tiere eingesetzt?

Ja. Telemedizin wird zunehmend auch für Tiere eingesetzt. Die Angebote entsprechen häufig der Videosprechstunde. Die Leistung kann direkt vom Tierarzt oder der Tierärztin angeboten werden, kann aber auch über Telemedizinplattformen erfolgen. Gegenstand der Beratung kann zum Beispiel eine Ernährungsberatung sein oder auch eine Nachkontrolle nach einer OP. Ein telemedizinisches Angebot kann z. B. vorteilhaft sein, wenn das Tier besonders unter dem Stress des Tierarztbesuches leidet oder wenn bei exotischen Tieren oder komplexeren Erkrankungen die spezielle Expertise eines Tierarztes erforderlich ist, der persönlich nur mit hohem Reiseaufwand erreichbar ist. Die telemedizinische Versorgung hat auch in der Veterinärmedizin ihre Grenzen. 

15. Wie sieht die Zukunft der medizinischen Versorgung mit Telemedizin aus?

Nun keiner kann in die Zukunft blicken, aber es spricht einiges dafür, dass Telemedizin zukünftig mehr zu unserem Alltag in der Gesundheitsversorgung wird. Werden wir alle nur noch telemedizinisch behandelt? In den nächsten Jahren wird sich vermutlich eine hybride Versorgung etablieren können.

Eine hybride Gesundheitsversorgung ist eine Kombination aus wohnortnaher und telemedizinischer Versorgung. Der Vorteil besteht im verbesserten Zugang zur Versorgung, in der effizienten Ressourcennutzung und der Kontinuität der Betreuung. Das telemedizinische Arbeiten gehört dann fest zum Praxis- und Klinikalltag dazu. Hier könnt ihr mehr zur hybriden Gesundheitsversorgung lesen.

Auch technologisch wird es viele Fortschritte geben. Auch wenn die telemedizinische Versorgung in der Zwischenzeit teilweise einen kleinen Gerätepark beim Patienten vorsehen wird, so wird es in Zukunft sicherlich üblich sein, die relevanten Parameter über integrierte Sensoren zu erfassen. KI wird telemedizinische Systeme weiter verbessern, so dass die Versorgung individueller und präziser werden kann.

Schließlich werden wir unser Gesundheitssystem genau zu diesem weiter entwickeln – einem System für mehr Gesundheit, das durch Prädiktion und individuelle und ggf. telemedizinisch begleitete Prävention die bestmögliche Gesundheit fördert.

 

Mehr dazu lesen?

Top 15 Fragen zur Telemedizin – Teil 1

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