Aktuelle Themen in der Telemedizin

In dieser Woche widmen wir uns zwei aktuellen Themen, zum einen dem gemeinsamen Appell des Berufsverbands Deutscher Internistinnen und Internisten (BDI) und des Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Telemedizin und zum anderen dem Themenbereich Datenschutz und -sicherheit in der Telemedizin.

Bessere Rahmenbedingungen für Telemedizin

Der Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten (BDI) hat gemeinsam mit dem Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung eine Aktionsliste mit sieben Punkten zur Schaffung besserer Rahmenbedingungen für die Telemedizin veröffentlicht. Die sieben Bausteine umfassen:

  1. Gleichwertige Voraussetzungen schaffen
  2. Einfache Nutzbarkeit
  3. Räumliche Flexibilität
  4. Integrierte Triagierung
  5. Verknüpfung mit Assistenzberufen
  6. Telekonsile ermöglichen und vergüten
  7. Einbindung behandelnder Ärzt:innen

Zum Appell:

Zu den sieben Punkten

Gleichwertige Voraussetzungen schaffen

Gleichwertige Voraussetzungen heißt daher auch individuelle oder fachspezifische Potenziale zu nutzen. Daher wird gefordert, dass telemedizinische Leistungen nicht fix über alle Fachgruppen begrenzt werden, sondern fachgruppen-individuelle Lösungsansätze gefunden werden. Unserer Erfahrung nach, nützt eine “gleichförmige” Verteilung der Telemedizin nach dem “Gießkannenprinzip” den Patient:innen nicht, genauso passt eine gleichmäßige Beschränkung der telemedizinischen ärztlichen Leistung über alle Fachgruppen, wie bei der Videosprechstunde, nicht immer.

Einfache Nutzbarkeit

Die einfache Nutzung der Telemedizin aus Patient:innensicht (und auch aus professioneller Sicht) ist unabdingbar. Niederschwellige Telemedizinangebote erhöhen die Akzeptanz. Im Behandlungsverlauf lässt sich die Adhärenz erhöhen, nur so kann mittels telemedizinischer Angebote der medizinische Mehrwert erreicht werden.

Räumliche Flexibilisierung

Beide Verbände betonen die Notwendigkeit einer räumlichen Flexibilisierung. Wenn Patient:innen von überall aus eine Videosprechstunde mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt führen können, warum soll der Arzt oder die Ärztin dann räumlich beschränkt werden. Laut Musterberufsordnung für Ärztinnen und Ärzte haben die Ärztinnen und Ärzte Vorkehrungen für eine ordnungsgemäße Versorgung ihrer Patientinnen und Patienten an jedem Ort ihrer Tätigkeiten zu treffen (§17). Um eine Videosprechstunde von zu Hause aus anzubieten, müssen folglich z. B. die räumlichen und technischen Anforderungen erfüllt sein, um Datenschutz und sichere Kommunikation sicherzustellen. Die Uneinigkeit in diesem Punkt ist nicht zuletzt darin erkennbar, dass von den KVen der verschiedenen Bundesländer eine Videosprechstunde vom Heimbüro des Arztes oder der Ärztin unter Umständen als zulässig oder als unzulässig angesehen wird.

In unserer Arbeit an Telemedizinzentren haben wir erkannt, dass mit einer räumlichen Flexibilisierung die Telemedizin für Ärztinnen und Ärzte attraktiver wird. So können neue Arbeitszeitmodelle und Arbeitsplätze etabliert werden und ärztliche Expertise wird (wieder) verfügbar. Beispielsweise können auch Ärzte und Ärztinnen von zu Hause arbeiten, die vielleicht aufgrund temporärer körperlicher Einschränkung (z. B. Schwangerschaft, Beinbruch) nicht in Praxis oder Klinik arbeiten können.

Intergrierte Triage

Zudem wird im Appell eine Unterscheidung in der Dringlichkeit der Versorgung herausgestellt. Hier sollte die routinemäßige von der notfallmäßigen telemedizinischen Versorgung unterschieden werden. In unserer Arbeit habe wir festgestellt, dass in Telenotarztsystemen und bei Telemedizin in Katastrophenfall eine schnelle, fachliche Einschätzung im Rahmen einer integrierten Triage möglich und wertschöpfend ist.

Assistenzberufe

Mit der Etablierung ärztlicher Assistenzberufe kann die Mengen an Befunddaten und die Datenvolumen aus dem Telemonitoring, besser und zielgerichtet bewältigt werden. Zusammen mit dem zweckmäßigen Einsatz von künstlicher Intelligenz kann so die Telemedizin ihren Wert im Rahmen von Screenings und Versorgungsprogrammen für Chroniker besser ausspielen.

Telekonsile

Telemedizin kann den fachlichen interprofessionellen Austausch stärken. Im Appell wird daher gefordert, dass mehr Telekonsile ermöglicht und vergütet werden. Aus unserer Arbeit in der intersektoralen und interprofessionellen Patientenversorgung wissen wir, dass sich dieser Austausch unmittelbar auf die Patientenversorgung auswirkt.

Zusammenarbeit

Unbenommen der hohen fachliche Expertise in Telemedizinzentren (TMZ) bedarf es für eine umfassende und wirksame medizinische Behandlung von Patient:innen der Zusammenarbeit zwischen TMZ und behandelnder Ärztin oder Arzt. Nicht zuletzt werden von diesen Kollegen die richtigen Patient:innen für die Telemedizin identifiziert und die Indikationen für Telemedizinprogramme gestellt.

Datenschutz und Datensicherheit

In der Telemedizin stellt insbesondere die Datenübermittlung für den Datenschutz und die Datensicherheit eine große Herausforderung dar. Nicht umsonst, werden z. B. Videosprechstundenlösungsanbieter (Link unten) nur dann von der KV gelistet, wenn sie einen von Zertifizierungsstellen zertifizierter Anbieter gemäß den Regelungen von GKV-Spitzenverband und KBV sind.

Eine veraltete Infrastruktur, zum Beispiel in Arztpraxen, hemmt die Einführung telemedizinischer Leistungen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. hat die Einhaltung des Datenschutzes durch Telemedizin-Plattformen und Arztterminportalen, die Videosprechstunden anbieten, stichprobenhaft untersucht.

Dabei orientierten sich die Prüfkategorien an den Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) unter Berücksichtigung des besonderen Schutzbedürfnisses von Gesundheitsdaten. In der Untersuchung wurden Mängel beispielsweise hinsichtlich der ausdrücklichen Einwilligung in die Verarbeitung von Gesundheitsdaten, dem Einsatz von Tracking-Anbietern, der namentlichen Nennung von Datenempfängern sowie der Information über die Speicherdauer der personenbezogenen Daten identifiziert.

Erfahrungen aus der Praxis zeigen jedoch auch, dass der umfangreiche rechtliche Klärungsbedarf rund um Datenschutz und Datensicherheit auch zu Lasten des Patienten und der Patientin gehen kann. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Patient im Rahmen seiner Anmeldung in einem Telemonitoring-Programm zahlreiche Dokumente zur Programmteilnahme, zum Umgang mit seinen Daten, zur Mitwirkungspflicht, zur Schweigepflichtentbindung etc. lesen, verstehen und unterschreiben muss. Die schiere Flut an zu unterzeichnenden Dokumenten kann die Akzeptanz für die Teilnahme am Telemonitoring-Programmen stark reduzieren. Lösungsansätze lassen sich sowohl in der organisatorischen, technischen als auch in der rechtlichen Umsetzung finden.

Fazit

Es ist sehr erfreulich, dass sowohl die im Appell genannten Aktionspunkte des BDI und des Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung als auch die Untersuchung des vzbv zum Datenschutz sehr praxisrelevante Aspekte der telemedizinischen Versorgung benennen. Nur eine im Alltag umsetzbare, geprüfte und optimierte Telemedizin kann zukünftig einen wichtigen Beitrag im Gesundheitssystem leisten.

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Aktuelle Liste zertifizierter Videosprechstundenanbieter (Stand Februar 2023)

Untersuchung Datenschutz bei Videosprechstunden des vzbv

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